Projektabschluss: Neue Maßnahmen gegen Jugendarbeitslosigkeit

Forscher haben in mehreren EU-Ländern Tools evaluiert und stellen die Ergebnisse auf einer Konferenz vor.

Neue Maßnahmen gegen Jugendarbeitslosigkeit wurden von Arbeitswissenschaftlern der Ruhr-Universität Bochum (RUB) gemeinsam mit internationalen Partnern im EU-geförderten Projekt „Job Developer“ untersucht. Von 2015 bis 2018 entwickelte das Projektteam ein Zertifizierungsprogramm, mit dem sich erfahrene Berufstätige zu Beratern weiterbilden können, um arbeitssuchende Jugendliche auf dem Weg in die Selbstständigkeit zu unterstützen. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler identifizierten Potenziale und Widerstände der Maßnahmen, die sie auf einer Konferenz am 6. Juni 2018 an der RUB diskutieren.

Individueller Entwicklungsplan für jeden Arbeitssuchenden

Im Rahmen des Projekts wurden 55 Berater, sogenannte Job-Developer, ausgebildet, die 70 Jugendlichen aus Bulgarien, Ungarn, Griechenland, Spanien und Litauen halfen, eigene Geschäftsideen in Form von Dienstleistungen oder Produkten zu entwickeln – und zwar abhängig von den Potenzialen in den jeweiligen Ländern. So kamen über 100 neue Dienstleistungen zustande. Wie markttauglich diese waren, testeten die Wissenschaftler anhand von 20 Beispielen in der Region Grabovo, Bulgarien. „Die beliebtesten Dienstleistungen dort waren aus dem Bereich Elektroinstallation, Berater für Kräuterheilung und Gartenhelfer“, sagt Dr. Martin Kröll, Koordinator des Projekts. Für jeden Jugendlichen entstand im Lauf der Beratung ein langfristig angelegter persönlicher Entwicklungsplan.

Zertifizierungsprogramm für Job Developer

Die Job-Developer nutzten während der Beratung drei Tools: die Talentdiagnose, mit der die Berater die individuellen Stärken der Arbeitssuchenden herausarbeiteten; den Beschäftigungsradar, der die Potenziale im lokalen Beschäftigungsumfeld analysierte; und das Expertenhearing, das die Arbeitssuchenden in Kontakt mit arrivierten Berufstätigen brachte, die über ein Netzwerk in der jeweiligen Branche verfügen. Diese Konzepte stammen von der Organisation „Minipreneuere“; die Wissenschaftler passten sie auf die teilnehmenden Länder an und evaluierten sie.

Aus dem Projekt ging ein Zertifizierungsprogramm in englischer und deutscher Sprache hervor, das aus fünf Selbstlernmodulen besteht. Die Ausbildung zum Job Developer befähigt Personen dazu, Talentdiagnose, Beschäftigungsradar und Expertenhearing zu organisieren und durchzuführen.

Machbarkeitsstudie evaluiert drei Tools

Die Machbarkeitsstudie ergab, dass individuelle Stärken von Jugendlichen mit der Talentdiagnose aufgedeckt werden können. Das Instrument fördert außerdem das Selbstbewusstsein der Arbeitssuchenden und liefert einen Ausgangspunkt für die Karriereberatung. Die Job-Developer merkten jedoch an, dass es eine Herausforderung sei, anhand der Tests die noch ausbaufähigen Kompetenzen der Jugendlichen zu erkennen. Widerstände könne es auch geben, wenn IT-gestützte Tests hohe Anschaffungskosten verursachten und zu viele Talentförderkonzepte nicht mehr in Einklang zu bringen seien.

Den Beschäftigungsradar erachteten die Studienteilnehmer als strukturierte und kreative Methode, um die Marktentwicklung transparenter zu machen und das Beschäftigungspotenzial in einer Region aufzuspüren. Die Jugendlichen legen im Rahmen dieser Maßnahme jedoch ihre Geschäftskonzepte gegenüber anderen Teilnehmern und Experten offen und drückten Sorge vor Ideendiebstahl aus. Organisatorisch war aufgrund der Datenmenge vor allem die Analyse der Interviews zur Marktanalyse eine Herausforderung.

Das Potenzial des Expertenhearings sahen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer vor allem darin, direkten Kontakt mit den Experten zu bekommen, die die Jugendlichen inspirierten, motivierten und zur Reflexion ihrer professionellen Weiterentwicklung anregten. „Dieses Element hilft, die Kluft zwischen dem Bildungssystem und den Anforderungen des Arbeitsmarkts zu schließen“, folgert Martin Kröll. Probleme ergaben sich in der praktischen Umsetzung, etwa weil Experten nur selten greifbar waren oder nicht auf Augenhöhe mit den Arbeitssuchenden kommunizierten.

Konferenz in Bochum

Auf der Konferenz im Juni tauschen sich Akteurinnen und Akteure aus Wissenschaft, Wirtschaft und sozialem Bereich zu drei Fragen aus: Wie können Potenziale des Job-Developer-Konzepts nachhaltig genutzt werden? Wie können identifizierte Widerstände angegangen werden? An welchen Stellen können Job-Developer und andere Initiativen zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit kooperieren und voneinander lernen?

Projektmitarbeiter stellen die Ergebnisse aus den jeweiligen EU-Ländern vor. Als Experten nehmen an der Konferenz teil: Prof. Dr. Peter Hartz, der seine Überlegungen zur Weiterentwicklung der Arbeitsmarktreform mit dem Publikum diskutiert, sowie Dominik Schad, Leiter des Jobcenters Kreis Recklinghausen, Joachim Wolff, Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung Nürnberg, und Heinrich Bär, Gesamtkoordinator der Ausbildungsbrücke in Lüneburg (Initiative Patenmodell der Diakonie). Vertreterinnen und Vertreter der Medien sind herzlich eingeladen.

Einladung zur Expertenkonferenz des Projekts Job Developer

Neue Jobs kreieren im Kontext der Jugend- und Langzeitarbeitslosigkeit in Europa und der Digitalisierung

Sehr geehrte Damen und Herren,

hiermit lade ich Sie zur Expertenkonferenz des Projekts Job Developer am
06.06.2018 um 9.00 Uhr im Tagungsraum des Technologiezentrums Ruhr der Ruhr-Universität Bochum, mit der folgenden Tagesordnung ein:

Tagesordnung zum Herunterladen

Die Anreise zum Veranstaltungsort ist sowohl per PKW (Anfahrt und Lageplan der Ruhr-Universität) als auch mit den öffentlichen Verkehrsmitteln (Haltestelle „Ruhr-Universität“ der Campuslinie U35, auch ab Bochum Hauptbahnhof, und Lageplan der Ruhr-Universität) möglich.

Wir freuen uns auf Ihre Teilnahme. Wenn Sie sich zur Konferenz anmelden wollen, dann senden Sie bitte eine entsprechende E-Mail an Katharina Selig: katharina.selig@ruhr-uni-bochum.de.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Martin Kröll (Projektleitung)

Job Developer werden und Stellen kreieren: RUB-Arbeitswissenschaftler starten EU-Projekt Impulse gegen Jugendarbeitslosigkeit

Lokale Beschäftigungsmöglichkeiten entdecken, Jobs kreieren und die eigenen Talente gezielt für neue Arbeitsmöglichkeiten entwickeln: Um einen Beitrag zur Verringerung der Jugendarbeitslosigkeit in Europa zu leisten, wollen Wissenschaftler der Ruhr-Universität Bochum diese Ansätze weiterverfolgen. Dafür haben sie sich mit der von Peter Hartz gegründeten SHS Foundation/ minipreneure gGmbH und erfahrenen Partnerinstitutionen in Europa zusammengetan.

Arbeitsmarkt analysieren und Talente entdecken

Ziel des Projektes ist es, sogenannte „Job Developer“ auszubilden, die anschließend als Multiplikatoren agieren und Jugendliche und junge Erwachsene aus Griechenland, Spanien, Litauen, Ungarn und Bulgarien bei einer Bedarfsanalyse des lokalen Arbeitsmarktes unterstützen. Die jungen Menschen schauen zum Beispiel, welche Dienstleistungen in ihrer Umgebung gefragt sind und mit welchem Angebot sie sich an potenzielle Arbeitgeber richten können. Die Job Developer helfen den Jugendlichen außerdem dabei, sich über ihre Talente und Interessen klar zu werden und so herauszufinden, für welche Jobs sie besonders geeignet sind. Die entsprechende Talentdiagnostik besteht aus verschiedenen Tests, bei denen sowohl die fachliche Eignung als auch die Kreativität der Teilnehmer gefragt sind.

Arbeitsmarkt-Potenziale erkennen

Das Verbundprojekt „Job Developer: from job creation to competence development “ wird mit ca. 450 000 Euro aus dem EU-Programm „Erasmus+“ gefördert und von Dr. Martin Kröll, RUB-Institut für Arbeitswissenschaft, geleitet. Die Wissenschaftler kooperieren dafür mit Institutionen aus Griechenland, Spanien, Litauen, Ungarn und Bulgarien. „Durch ein zertifiziertes Qualifikationsprogramm und den Einsatz innovativer Konzepte wollen wir dazu beitragen, neue Beschäftigungsmöglichkeiten zu entdecken“, so Dr. Martin Kröll. Die „Job Developer“ erhalten ein Zertifikat, das ihre neuartige Qualifikation dokumentiert. Die teilnehmenden Jugendlichen werden dabei unterstützt, Jobs zu kreieren und neue Fähigkeiten zu entwickeln.

Weiterbildung und Arbeitsmarktanforderungen synchronisieren

Die Qualifikation zum „Job Developer“ soll in den einzelnen EU-Ländern als ein anerkanntes Zertifizierungsprogramm etabliert werden. „Wir erhoffen uns, dass durch die Ausbildung der Multiplikatoren ein gewinnbringender Lerneffekt für alle Seiten entsteht. Unser Ziel ist es, dass die Partner in den teilnehmenden Ländern Strukturen schaffen, die die Anwendung der Konzepte verstetigen“, sagt Martin Kröll. Basierend auf den im Laufe des Projekts gesammelten Erfahrungen werden in den einzelnen Ländern Selbstlernmodule entwickelt. In ihrer Bewertung von „Job Developer“ lobten die Gutachter vor allem die Kooperation und den Austausch mit den internationalen Partner in der Umsetzung und Anpassung der Konzepte vor Ort.

Internationale Partner

Die Partner in Griechenland sind die Unternehmensberatung eniochos.CONSULTING und der Technology Park of Crete der zu FORTH, dem größten Forschungszentrum in Griechenland, gehört. In Spanien nimmt das Europäische Zentrum für Unternehmen und Innovation Murcia (CEEIM) teil. In Ungarn konnte die IHK von Pécs und die IHK Gabrovo in Bulgarien sowie die IHK Vilnius in Litauen für das Projekt gewonnen werden.